Der Mann, der von einem Rasierer so beeindruckt war, dass er die ganze Firma gekauft hat

Während man in Deutschland bei Elektrorasierern in der Regel zuerst an Braun oder Philips denkt, spielt in den USA Remington eine entscheidende Rolle. Hierzulande eher ein Exot, in Amerika aber Teil der Popkultur. Das liegt einerseits an der traditionsreichen Geschichte des ursprünglichen Waffenherstellers, die bereits vor über 150 Jahren begonnen hat. Andererseits aber auch an einem Mann, den in den USA und Großbritannien fast jeder kennt, bei uns in Deutschland aber so gut wie niemand. Victor Kiam.

Der Unternehmer und Selfmade-Millionär hat die Erfolgsgeschichte der Remington Rasierer entscheidend beeinflusst. Als Präsident und Eigentümer, aber vor allem auch als Werbefigur. “When my wife bought me a Remington shaver, I was so impressed I bought the company” (Als mir meine Frau einen Remington Rasierer gekauft hat, war ich so beeindruckt davon, dass ich die Firma gekauft habe). Mit diesem Spruch trat er selbst in Werbespots im Fernsehen auf und begründete so nicht nur seine eigene Popularität, sondern auch die Erfolgsstory seiner Firma. Ein Satz, den er nach eigener Aussage schließlich in 15 Sprachen beherrschte, denn in eben so viele Länder wurde der erfolgreiche Spot exportiert.

Der Ursprung Remingtons

Eliphalet Remington Jr., der Sohn eines New Yorker Farmers, hatte schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts damit begonnen Schusswaffen in der elterlichen Schmiede herzustellen. Anfangs lediglich Einzelteile wie Gewehrläufe, später dann auch komplette Gewehre und Pistolen. Im Jahr 1857 hat er dann schließlich unter dem Namen „E. Remington and Sons“ sein eigenes Unternehmen gegründet. Durch den amerikanischen Bürgerkrieg und dank Waffenlieferverträgen mit der Union Army gedieh das Familienunternehmen prächtig. Aber auch nach dem Tod des Gründers und dem Ende des Krieges hatte sich das Unternehmen als Waffenhersteller international etabliert und wuchs weiter. Nun begann man das Geschäftsfeld zu erweitern und produzierte neben Waffen auch Schreibmaschinen, Aktenschränke und anderen Bürobedarf.

Im Jahr 1937, nach Teilverkäufen und Fusionen mittlerweile als Remington Rand Co. bekannt, wurden schließlich die ersten elektrischen Rasierapparate auf den Markt gebracht. Der „E Close Shaver“ war das erste Modell aus dem Hause Remington überhaupt und die Produktreihe wurde schnell um Geräte wie den „Remington Dual“ oder den „Foursome“ erweitert. Obwohl die Qualität überzeugte, waren die Geräte nie wirkliche Verkaufsschlager. Ende der 70er Jahre wurden mit der Rasierersparte innerhalb von nur 3 Jahren ein Verlust von rund 30 Millionen Dollar erwirtschaftet und der Hersteller stand schließlich zum Verkauf. 1979 sollte schließlich ein Mann den Zuschlag erhalten, der die weitere Entwicklung maßgeblich beeinflussen sollte, Victor Kiam.

Victor Kiam

Kiam stammte aus New Orleans und genoss eine erstklassige Ausbildung. Nach seiner Zeit in der amerikanischen Navy studierte er an der Elite-Uni Yale Wirtschaft und an der Sorbonne in Paris Sprachen. Zu Beginn seiner Karriere war er als Verkäufer für diverse Firmen in den USA unterwegs und entpuppte sich als genialer Geschäftsmann und Marketingexperte. Immer auf der Suche nach neuen Möglichkeiten, erfuhr er vom anstehenden Verkauf von Remington. Sein Interesse war geweckt und nach gründlicher Recherche wollte er das Geschäft nach der Übernahme auf Rasierer fokussieren. Seine Frau war skeptisch, denn er wollte mit elektrischen Rasierern in ein Geschäftsfeld einsteigen, dass er nicht kannte. Er selbst hatte schließlich noch nie einen solchen Rasierapparat benutzt. Sie kaufte ihm daher einen Rasierapparat von Remington, er hat ihn getestet und war überzeugt. Die Firma konnte für rund 25 Millionen Dollar übernommen werden.

Direkt nach der Übernahme hat Victor Kiam dann Initiative ergriffen und zahlreiche Änderungen vorgenommen. Die Produktlinien wurden erneuert, und während er zahlreiche Manager gefeuert hat, hat er den Arbeitern versichert, dass ihre Jobs sicher sind. Und diese Maßnahmen zeigten Wirkung, denn wo man noch im Jahr 1979 rund 1 Million Rasierer verkauft hatte, waren es 1983 bereits über 3 Millionen. Übereinstimmend wird berichtet, dass eine Maßnahme besonders großen Anteil an dieser Entwicklung hatte, der TV-Werbespot mit Kiam höchstpersönlich in der Hauptrolle. Zuerst in England, dann in Australien, Frankreich, Norwegen und Kanada ausgestrahlt, kam der Spot erst ein knappes Jahr später ins amerikanische Fernsehen. Später kamen immer neue Spots und Länder bzw. Sprachen dazu. Produziert wurden die Spots aus Kostengründen in Kiams eigenem Büro, und wie dieser einmal sagte, bis zu 15 Stück an einem einzigen Tag.

Er erreichte somit nicht nur wirtschaftlichen Erfolg, sondern erlangte auch internationale Berühmtheit. Befeuert wurde diese noch dadurch, dass er im Jahr 1988 das NFL Team der New England Patriots für rund 85 Millionen Dollar erwarb. Außerdem trat der erfolgreiche Unternehmer als Buchautor in Erscheinung und veröffentlichte unter anderem die Bücher „Going For It! How to Succeed As an Entrepreneur” und “Live to Win: Achieving Success in Life and Business”.

Als die Umsätze von Remington Anfang der 90er Jahre aber deutlich zurückgingen, hat Kiam den Großteil seiner Anteile abgetreten und sich aus der Unternehmensführung zurückgezogen. Bei der anschließenden Neustrukturierung wurde dann auch die Vermarktung überarbeitet und das Konterfei des ehemaligen Eigentümers von den Packungen entfernt und die Werbespots mit ihm eingestellt. Im Jahr 2001 verstarb Victor Kiam aufgrund eines Herzversagens im Alter von 74 Jahren.

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